1.2. Auf Trommeln geankert?

Saubere Menschen in einem außergewöhnlich schmutzigen Land, Zitat aus dem Buch Die Inder, von Sudhir und Katharina Kakar. Jetzt habe ich die richtigen Worte über Indien gefunden, ohne dass sie mir angekreidet werden können. Die Frauen in ihren Saris sehen aus wie exotische Schmetterlinge, bunt, farbenfroh und schön. Ich habe mich schon vor vier Jahren über den Schmutz auf den Straßen, vor den Häusern und den schmucken Frauen, Kindern und Männern gewundert. Ich hätte das auch gern zum Ausdruck gebracht, aber wie soll ich das machen ohne als naserümpfende Ausländerin dazustehen? Und dann fällt mir heute dieses, von einem Inder geschriebene Buch in die Hände. Es ist übrigens lesenswert, es erläutert die Hintergründe der indischen Gesellschaftsstrukturen. Heute war ich im Shivatempel ganz in der Nähe. Er soll 2000 Jahre alt sein. Uralte Bäume spenden Schatten. Bunte Figuren zieren die Tempel. Die umgebenden Mauern sind mit Butter- oder Ölgefäßen übersät und vom vielen Gebrauch schwarzglänzend. Es wurde für mich gesungen und ich bekam einen Safranpunkt auf die Stirn. Das war angenehm, sonst spürte ich keine besondere Energie – aber dann. Mit einem Mal wurde getrommelt und ich weiß nicht, was dann mit mir los ist. In welchem Leben wurde ich auf Trommeln geeicht? Jeder Schlag geht mir durch und durch. Von innen heraus vibriert mein ganzer Körper. Selbst jetzt, wenn ich daran denke, fängt er zu zappeln an. Heute mittag habe ich mich einfach aus dem Staub gemacht und bin die lange Treppe heruntergewackelt. Als ich nichts mehr hörte, war auch mein Körper wieder ruhig. Ich hatte keinen Mut, mich in die Töne fallen zu lassen. Zu ekstatisch und zu unberechenbar ist das, was dann passiert und wie soll ich erklären, was nicht erklärbar ist, und auf Diskussionen habe ich keinen Bock mehr. Da mach ich mich lieber, wenn auch erschöpft und auch unbefriedigt, von dannen. Bis jetzt komme ich mit der indischen Energie, Atmosphäre, wie auch immer das benannt werden kann, nicht zurecht. Um mich herum ist alles dunkel, die Grillen zirpen, und ich genieße das Alleinsein mit meinem RedBook und Dir, der Du das hier liest.