Überwuchert

Immer noch auf der Reise über Kochi und Thrissur nach Guruvayur. Aus dem angenehm gekühlten Waggon schaue ich auf die vorüberziehende Landschaft und die verschiedensten Gedanken steigen in mir hoch. Üppig grün ist das, was ich bisher von Indien oder genauer, von Kerala gesehen habe. Schlingpflanzen überwuchern alles was ihnen im Weg steht: Bäume, Sträucher, verlassene Hütten, stillgelegte Bahngleise. Sie sind nicht wählerisch. Ich bin jetzt seit ungefähr zwei Wochen hier und suche. Kann ich finden, was mir am Herzen liegt? Gibt es überhaupt noch das, was ich finden möchte oder ist es genauso von Traditionen überwuchert wie auch das Christentum? Renne ich einer schönen Vorstellung hinterher? Ich habe mir eingebildet, ich finde hier Wiederklänge der Shankaralehren und der Lehre des Sri Aurobindo. Ich dachte, die Lehre der Einheit aller Dinge läge über allem für alle spürbar und erfahrbar. Stattdessen sehe ich den alles überwuchernden Schmutz. Ich will nicht hinschauen, will ihn nicht sehen. Er ist aber nicht zu übersehen. Ein Taxifahrer sagte mir voll nationalem Stolz, dass der Norden (der ja noch vor Ossi und mir liegt) not so clean ist wie Kerala! Na dann: Gute Nacht.