Vom Schlafen und Verduften

Ist die Nacht zum Schlafen da? Ich habe das bisher gedacht. Indien hat mich eines Besseren gelehrt. Tagsüber geht der Gesang fast unter, aber in der Nacht … Wenn die Hupen schlafen erwachen die Priester zu neuem Leben oder sie wechseln die Tagesschicht nur ab. Der Sanskritgesang währt fast die ganze Nacht. Der Ganga gilt er und schallt bis in meinen Raum. So schön. So wohltuend. Ich lasse mich immer wieder in den Schlaf singen. Nachts werden die Hunde aktiv. Tagsüber liegen sie in der Sonne. Überall. Wird mal einer überfahren? Bestimmt. Dann ratschen und weinen und besprechen sie, was so alles passiert ist, den Tag über. Dann lachen sie und erzählen sich die neuesten Geschehnisse. Wieder ein Alter Heiliger während der Kumbh Mela gegangen. In tiefer Meditation aus dem Scheitelpunkt herausgeströmt. Da kommen sie her, aus ganz Indien, aus der ganzen Welt, um hier, während der Kumbh zu verduften (hätte ich fast gesagt). Aber ist das nicht ein viel schöneres Wort als sterben? Wenn die Zeit da ist und ich gehen will, werde ich auch „verduften“. Ist das nicht dufte?