Blüten und Augen

Ich sitze hier in meinem Zimmer am Schreibtisch, links neben mir ein tiefgezogenes Fenster. In der Tiefe das Tal mit seinen grünen Kartoffelfeldern. Belebt werden sie von den sich langsam bewegenden bunten Kleidern der Frauen. Näher zu mir hin blüht am Abhang der Rhododendron, die NationalBlume Nepals. Gerade schüttelt er sich, dass die Blüten fliegen. Affen, wer könnte auch sonst an diesem steilen Abhang sein? Sie schauen fast in mein Zimmer rein. Im weiten Rund werden die untenliegenden Dörfer von den geklüfteten Bergen eingefasst. Die Zickzackpfade, über welche die einzelnen Berghäuser und winzigen Dörflein erreicht werden können leuchten lehmfarben. Immer wieder bin ich fasziniert von der Blütenpracht die in der Höhe die Pfade säumt. Da gibt es Johanniskraut mit solch dicken, gelben und großen Blüten, dass es eine Pracht ist. Der Winterjasmin – auch er leuchtet in einem strahlenden Sonnengelb, ist gefüllt und hat dreimal so große Blüten wie bei uns. Vergissmeinnicht leuchtet zwischen den Kartoffelpflanzen. Fast faustgroße weiße Orchideen mit einem sonnengelben Kern ranken an den Abhängen. Unser Begleiter sieht meine Freude und schon habe ich ein paar Ableger in der Hand. Ich werde versuchen sie nach Deutschland zu transportieren und dann kann meine Freundin ihr Werk an ihnen tun. Sie hat in ihrer, vom Urgroßvater übernommenen Staudengärtnerei alle Möglichkeiten dazu. Wer sich für, ich glaube, die älteste Staudengärtnerei Deutschlands interessiert, kann bei Google unter Staudengärtnerei Arends-Maubach nachschauen. Hibishusbäume leuchten, Die Apfelbäume stehen in voller Blüte. Bergnelken – rosa, rosaweiß, dunkelblau, tiefes Lila, helles Rot, eine Pracht. Die Orangen-, Zitronen- und Mandarinbäume lassen ihre Früchte und Blüten leuchten. Und immer wieder die leuchtenden Kleider der Frauen, die die Pfade herunter und wieder hinauf steigen. Manchmal bewegt sich ein Heuschober vor uns. Wenn wir ihm näherkommen, sehen wir plötzlich entweder dünne junge oder alte eingetrocknete Beinchen darunter hervorblitzen. Wenn wir sie überholen und zurückschauen, sehen wir die leuchtenden lachenden Augen. Ach, ja, das macht einen großen Teil dieses Landes aus: Die lachenden Augen. Manchmal schieben sich griesgrämige, lange und mürrische Gesichter dazwischen. Wie gut, dass sie sich nur in meinen Gedanken zeigen so kann ich sie schnell wegwischen.