Im Inneren der Drachenhöhle

Tief, tief, ganz tief mussten wir steigen – in Spalten, begleitet von brüllendem Rauschen der Wasser oder ist es SEIN Fauchen? Die Gischt spritzt, wie feuchter Atem, bis zu uns herauf.
Ein geheimnisvolles Dunkelglitschiggrün nimmt uns auf, ist es um uns herum, schließt uns ein.
Eine faszinierende Welt. Sie hat sich selbst erschaffen. Gewaltig und überwältigend. Jahrtausende um Jahrtausende alt.
Zeugnis der Urkräfte. Sich verschiebend, sich selbst formend, nicht nach menschlichem Masstab. Nicht einmal denkbar für uns.

Behausung des Drachen?
Werden wir ihm begegnen?
Bekommen wir Zugang zu ihm?
Und lässt er uns ein, in sein Innerstes?

Wir steigen hinein, immer weiter, immer tiefer in eine fremdartige Welt. Fasziniert, entschlossen. Ja, wir sind da, wo wir hinwollen und sind zu jeder Begegnung bereit.
Drachen, gibt es sie wirklich?

Gab es sie?

Hier in China sind sie so gegenwärtig.

So allgegenwärtig. So Glück verheißend.
Seit alten Zeiten verehrt. Nicht verachtet.
Es scheint, nicht einmal gefürchtet.
Was werden wir erfahren, hier in der Höhle des Drachen?

Wird er uns Einblick gewähren in seine Schatzkammern?

 

 

 

Feueratem strömt uns entgegen. Schön wie ein Traum. Lockt uns an. Wagen wir uns hinein? Wird er uns verzehren? Transformieren? Umwandeln in Gold?
Ist es wirklich sein feuriger Atem der uns entgegen strahlt oder leuchtet der goldene Schatz, der seit Jahrtausenden seiner Obhut anvertraut ist?
Nein, wir treten nicht ein.

Der Glanz ist zu stark.

Er blendet unsere Augen.

Leise flüsternd entfernen wir uns, begleitet von wohlwollendem Schnauben. Dies mächtige Wesen ist uns zugetan, öffnet uns den Weg zur nächsten Schatzkammer.

Zu welchen Kostbarkeiten wird er uns noch Zutritt gewähren, der alte chinesische Drachen? Weiter führt uns der Pfad durch Spalten, über Brücken, an rauschendem Wasser entlang.

Es raubt uns fast den Atem.

Die Amethysthöhle.

Sie ist kein Märchen.

Sie existiert hier wirklich.

Die leuchtenden Steine spiegeln sich in unseren großen staunenden Augen. Ehrfürchtig hören wir die leise klingenden Töne, die aus den Steinen schwingen und uns willkommen heißen.
Durchsichtig zarte Elfenflügel streifen unsere Wangen, berühren unsere Hände, lassen sich einen Wimpernschlag darauf nieder.

Ehe wir sie richtig wahrnehmen, erfassen können, sind sie in ihrer durchscheinenden Schönheit wie aufgelöst.

Weiter geht es über verschlungene Pfade, durch halbdunkle Kammern,

immer  begleitet vom fauchend rauschenden Wasser in  der Tiefe,

am mächtig brausenden Wassersturz vorbei –

hinein in die grün leuchtende Höhle.

Hier wird der Schmuck der Jade-Prinzessinnen von alters her hergestellt, gesammelt, bewahrt und bewacht.
Hier zeigen die Zwerge ihre Kunst. Sie schneiden die Jade ohne sie zu verletzen. Unter ihren geschickten Händen vermehrt sich das Jadegestein.
Die kleinen Gesellen sind die Begleiter, die Freunde des Drachen. Sie sind so alt wie das Gestein, leuchten in zartem und auch in sattem Grün.

Die dicken Bäuche glänzen.  Unter der knolligen Nase ein lachender Mund. Sie könnten die Götter des Wohlstandes sein. Sind sie’s vielleicht? Fröhlichkeit und lachendes Leben schwebt hier in der Luft.

 

Leuchtende, tanzende Märchenwesen weisen uns den Weg.

Ihr Flügelgeklingel bricht sich an den Felsen,

den Säulen, dem Edelgestein,

erfüllt alles um uns herum,

braust auf zur mächtigen

Klang- und Farbsymphonie.

Sind wir gelandet – in uns?