Westwärts von Kanton nimmt uns Yunnan auf. Eine reiche, fruchtbare Provinz mit großen modernen Städten, Bergen und Ebenen.
Berge hinter Bergen, hinter Bergen. Blau schimmernd verschwimmend im Spätnachmittagsschein – und wir mitten darin. Seit Stunden schon. Mal führt uns die Autobahn auf über zweitausend Meter Höhe, dann lässt sie uns sanft in die fruchtbaren Ebenen gleiten. Goldgelbe Rapsfelder wechseln sich mit sattem Grün ab. Eingerahmt sind die Ebenen rundherum von den Bergketten, die uns immer wieder in die Höhe fahren lassen.
Viele Berge sind bis in die Höhen hinein bewirtschaftet. Die Terrassenfelder sind überzogen mit Folien unter denen das Gemüse, Getreide, was auch immer, geschützt wachsen kann. Die Felder glänzen durch die Folien wie kleine Seen, die stufig in die Hänge gearbeitet wurden. Die Bauern scheinen die reinsten Landschafts-Verpackungskünstler a la Christo zu sein. Ich kann nur immer wieder staunen, wie wunderschön diese „Plastikseen“ aussehen. Die Sonne läßt sie silbern leuchten. Es scheint, die Himmelsdame benutzt sie als ihre Silberspiegel.
Immer wieder erstaunt es mich, dass in dieser Bergeinsamkeit doch immer wieder dörfliche Ansiedlungen zu sehen sind.
Relativ viele bäuerliche Siedlungen mit ihren gelben oder roten Ziegeln und grauen geschwungenen Dächern schmiegen sich aneinander, ineinander und an die Berghänge heran. Sie passen so gut zu einander, die Gehöfte mit ihren Mauern und Innenhöfen und die Berge.
Manche Berge – rot leuchten sie in der Sonne. Dunkelgrüngepunktet von den Kiefern und Zedern. Silbrig durchwebt von Eukalyptusbäumen – der Punkt Chinas, den wir durchreisen ist wunderschön und rührt mein Herz auf eigenartige Weise an – besonders die rote Erde und die alten schönen Häuser mir ihren grauen, geschwungenen Dächern. Manchmal möchte ich den Bus stoppen, mit meinen Händen in das Rot der Erde hineingreifen und Figuren formen.
Jeder Tag ist ein besonderes Erlebnis. Die Pilzsuppe in Baoshan zum Beispiel. Ungefähr zehn verschiedene Pilzarten werden geschnitten und in die duftende Brühe, die in dem dicken Topf, der mitten auf dem Tisch über der Gasflamme köchelt, geschüttet. Drinnen schmorte schon diverses Fleisch und ein besonderer schwarzer Hühnerfuss. Der Duft – einfach unbeschreiblich. Wer bis jetzt keinen Hunger hatte, dem läuft, spätestens wenn der Deckel gelüftet wird, das Wasser im Mund zusammen! Schon das Aussuchen der Pilze aus dem Kühlregal ist ein besonderes Erlebnis – es macht Hunger. Dann die leckeren Fleischsorten und erst mal das frische Gemüse. Hmmm, das wird ein Topf.
Wenn reichlich von der köstlichen Pilzbrühe getrunken wurde, werden die Pilze verspeist. Vielleicht – könnt Ihr Euch vorstellen, wie köstlich das schmeckt. Zum Schluss wird der Topf mit verschiedenem frischen Gemüse aufgefüllt. Viele andere Leckereien, wie extra Fleisch, frisch geschmorter Bambus, Lilienwurzeln, fein geschnittene Lotuswurzeln und köstlichste Soßen und Gewürze werden extra serviert um die Wartezeit zu verkürzen. Wenn der Topf dann leer ist und nur der schwarze Hühnerfuß einsam auf dem Schüsselboden liegenbleibt, wanken wir abgefüllt in unseren Bus zur Weiterfahrt.
Wie gut das jetzt tut, einfach hier zu sitzen, mich dem sanften Schaukeln, dem Motorengeräusch, der vorbeigleitenden Landschaft und den Bildern, die aus meinem Inneren aufsteigen, hinzugeben. Ja, China berührt mich bis tief in mein Inneres hinein. Und den Duft der Eukalyptusbäume, der durch das Fenster zu uns hereinweht, den atme ich genüsslich ein.