Seit einigen Stunden sind wir unterwegs. Es ist heiß. Ich habe ein nasses Tuch um meinen Kopf gewickelt. Tempel rechts, Tempel links. Zwischendurch einen Chaitee trinken – tut das guut. Da kommt eine orange Gruppe auf uns zu.Auf ihren Schultern tragen sie einen alten mit Blumen geschmückten sitzenden Mann. Wir dürfen fotografieren. Er ist tot. Der erste Tote den ich sehe. Er ist richtig schön, ganz lebendig, ganz voller Frieden, ganz in sich ruhend, so angekommen, keine Wünsche, kein Begehren. Nichts Starres ist in ihm – er strahlt Wohltuendes aus und eine nicht gemachte Würde. Losgelöst von allem, aber nicht darbend, nicht entsagend. Das ist Glückseligkeit – für mich, in meinem Denken – nichts brauchend, weil alles da ist. Wir folgen der Gruppe zum Ganges, zum OM-ghat. Hier werden die heiligen Männer in die Ganga, in ihren Schoß gesetzt. Die Heiligen bei denen nichts mehr verbrannt werden muss, keine Emotionen, kein Begehren. Sie finden hier den letzten Platz für ihren Körper. Diejenigen, die das Körperliche überschritten haben. Die in der Meditation mit allem Eins geworden sind. Die aber auch angekündigt haben, dass sie gehen werden. Aus der Meditation nicht mehr zurückkommen. Er wurde entkleidet, Mit Gangawasser gewaschen, gesalbt, geölt, alles unter OM-Gesang und dem Shiva-Mantra. Arme und Beine wurden mit orangen Streifen festgebunden. Der Körper bekleidet mit neuen Tüchern, mit Blumengirlanden geschmückt, mit Säcken voll großer Steine verbunden und dann in die Ganga gesetzt.
India, voller Überraschungen.